Fla Rak System PATRIOT

Am 15.Juni 1989 wurde in München-Unterschleißheim beim Hauptauftragsnehmer Siemens AG die erste Einheit des Flugabwehrraketensystems (Fla Rak System) PATRIOT in deutscher Konfiguration an die Luftwaffe übergeben. Damit ist das System nun schon seit knapp 30 Jahren im Einsatz und es zählt immer noch zum Besten was die Bundeswehr zu bieten hat.

 

Die offizielle Bezeichnung lautet: „Raytheon MIM-104 PATRIOT“.

 

Mit dem konventionellen System PATRIOT wurde im Rahmen der „Integrierten NATO-Luftverteidigung“ das veraltete nuklearfähige Fla Rak System NIKE ersetzt. PATRIOT ist hochmobil, allwetterfähig und für die gleichzeitige Bekämpfung mehrerer Ziele in niedrigen bis sehr großen Flughöhen geeignet.

 

Die besonderen Fähigkeiten von PATRIOT sind:

automatische Bedrohungsanalyse und Feuerleitung;

kurze Reaktionszeiten;

hohe Feuerkraft und Treffergenauigkeit;

Fähigkeit zur Mehrfachzielbekämpfung;

hohe Resistenz gegen elektronische Störmaßnahmen;

hohe Mobilität.

 

Geplant war der Einsatz von 36 Staffeln PATRIOT bis zum Jahr 1995. Die Einführung aller PATRIOT Systeme war in einem Zeitraum von 6 Jahren vorgesehen. Das Einsatzkonzept der NATO sah wie folgt aus:

Stärkung des Raumschutzes durch gemischten und beweglichen Einsatz von PATRIOT und HAWK in verdichteten Flugabwehrraketen Einsatzzonen so genannten Cluster;

Führung des verbundenen Kampfes PATRIOT und HAWK;

Schaffung von „Freiräumen“ für Jagdkräfte zur Entfaltung ihrer Kampfleistungsfähigkeit;

Stärkung des Objektschutzes wichtiger Anlagen durch allwetterkampffähige Systeme.

Im Cluster sollten PATRIOT und HAWK so stationiert werden, dass sie sich gegenseitig abdeckten und ihre Wirkungsbereiche überlappen.

 

In wie weit diese Planungen in die Tat umgesetzt wurden, kann ich nicht sagen, jedenfalls veränderte sich die politische und die militärische Lage in der Anfangsphase der Einführung von PATRIOT in dramatischer und einschneidender Art und Weise.

Deutsche Konfiguration:

GE PATRIOT

Aus logistischen und rüstungspolitischen Gründen wurde PATRIOT mit vorhandenen Querschnittsgerät ausgestattet. Im wesentlichen handelte es sich dabei um:

Fernmeldegerät;

Freund/Feind-Kenngerät;

Fahrzeuge und Verlastung;

Stromversorgungsanlagen;

Antennenmastanlage;

Datenübertragungssystem;

Führungsausstattung;

logistische Ausstattung.

Das System

Die kleinste taktische Einheit des PATRIOT Systems, die Ziele autonom bekämpfen kann, ist die Feuereinheit oder Fla Rak-Staffel. Eine Fla Rak-Staffel GE PATRIOT besteht im wesentlichen aus:

Dem Radargerät (RS) mit seinen phasengesteuerten Antennen zum Erfassen, Führen und Verfolgen von mehreren Zielen und Lenkflugkörpern.

Der Feuerleitanlage (ECS) mit ihrem Waffensystemrechner.

Den acht Startstationen (LS) mit je vier Lenkflugkörpern (LFK) PAC 2 oder acht Lenkflugkörpern (LFK) PAC 3.

Einen Richtfunktrupp RiFuA/AMA zur Anbindung der Staffel und als Teil des Fernmelde-Richtfunknetzes.

Die Funktionen einer GE PATRIOT Feuereinheit werden zentral vom ECS gesteuert und überwacht. Das ECS hat im folgenden die wesentlichen Aufgaben:

Auswahl von Radarfunktionen wie Luftraumüberwachung, Zielverfolgung und Freund-Feind-Erkennung (IFF).

Komplexe Bedrohungsanalyse auf Basis von empfangenen Zieldaten, IFF-Abfrageergebnissen und grundsätzlichen Entscheidungskriterien,

Synthetische Darstellung der Luft-/ Gefechtslage auf Sichtgeräten.

Auswahl der LFK, Durchführung von Flugbahnberechnungen sowie Ermittlung und Ausgabe von Steuerkommandos an alle in der Luft befindlichen LFK über das Radargerät.

Die vollautomatisch ablaufenden Routinen können zudem von den Bedienern im ECS nach technischen und taktischen Gesichtspunkten beeinflusst werden.

Das RS setzt die vom ECS vorgegebenen Aufgaben und Befehle wie Luftraumüberwachung, Zielerfassung und Zielverfolgung, LFK-Erfassung, LFK-Verfolgung und LFK-Steuerung in dem jeweiligen Bekämpfungsablauf in entsprechende gezielte technische Maßnahmen um.

Das System PATRIOT ermöglicht die indirekte Zielverfolgung eines Objektes über den LFK. Das sogenannte TVM-Flugkörperlenkverfahren (TVM = Track via Missile) ermöglicht es, das Ziel nicht nur über den direkten Weg Radar - Ziel zu verfolgen, sondern zusätzlich über einen zweiten indirekten Weg Radar - LFK -Ziel. Dieses Verfahren vereint die Vorteile der Kommandolenkung mit denen der halbaktiven Zielsuchlenkung und führt zu einer sehr hohen Zielgenauigkeit in der Endphase der Bekämpfung. Selbst bei starken Störmaßnahmen lassen sich nach der Korrelation beider Empfangswege noch gesicherte Aussagen über Position und Geschwindigkeit des Ziels machen. Im Einsatz stehen ECS und RS relativ dicht zusammen. Der Datenaustausch ECS zum RS erfolgt über ein Datenkabel. Für den Datenaustausch ECS und LS stehen alternativ die Verbindungsstrecken Lichtwellenleiter (LWL) und VHF-Funk zur Verfügung.

Kern der Feuereinheit sind die LFK mit ihrer Maximalgeschwindigkeit von Mach 6 und einer höchstzulässigen Querbeschleunigung von bis zu 40 g.

 

Für die übergeordnete Kampfführung in einem PATRIOT-Geschwader wird die Kampfführungsanlage ICC verwendet. Sie koordiniert rechnergestützt alle Aktivitäten der sechs zugeordneten Feuereinheiten entsprechend den Einsatzvorgaben der höheren Befehlsebene. Die Feuereinheiten und das Geschwader sind über moderne und mobile Fernmelde-/Richtfunksysteme verbunden.

Großgerät

Radargerät (RS)

Das RS ist auf einem geländegängigen Trägerfahrzeug Lkw 15t verlastet. Sämtliche Elemente mit Ausnahme der Antennengruppe befinden sich in einer elektrisch abgeschirmten drehbaren Kabine. Über 3 Leitungskabel wird die Versorgung mit elektrischer Energie durch die Stromversorgungsanlage 2 x 150 kw gewährleistet. Das RS arbeitet vollautomatisch und ist im Einsatz unbemannt. Die Steuerung geschieht über eine Kabelverbindung durch das ECS.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Radarsystemen, bei denen die Richtung des Radarstrahls durch mechanische Drehung der Antenne verändert wird, erfolgt im PATRIOT-System die Ablenkung des Strahls elektronisch (phasengesteuerte Antenne). Die flache rechteckige Antenne ist an der Stirnwand der Kabine angebracht und wird beim Transport auf das Dach geklappt. Im Einsatz wird sie aufgerichtet (Neigungswinkel 67,5°) und durch Drehung der Kabine in eine feste Hauptkampfrichtung ausgerichtet. Durch das Abstützsystem wird das RS in eine waagerechte Position gebracht unabhängig vom jeweiligen Untergrund vorausgesetzt die Geländeneigung überschreitet nicht die Grenze von 10°. Das Antennensystem besteht aus der Hauptantenne und mehreren Nebenantennen. RS ist kein Rundsuchradar im herkömmlichen Sinne, die seitliche Erfassungsbreite liegt bei etwa 120°. Zur Rundumabdeckung des Luftraumes sind mindestens 4 Feuereinheiten notwendig.

Feuerleitanlage (ECS)

Das ECS ist in einer Kabine untergebracht und auf einem geländegängigen Lkw 7t verlastet. Die Kabine beinhaltet neben dem Waffensystemrechner WCC zwei Arbeitsplätze mit Bedien- und Sichtgeräten. Die ECS ist eine der wenigen Stationen die im Einsatz bemannt sind. Das ECS ist mit einem Datenkabel direkt mit dem RS verbunden. Des weiteren ist das ECS auch mit bis zu acht LS per VHF-Funk und/oder Lichtwellenleiter verbunden. Die angeschlossene RiFuA verbindet das ECS mit dem ICC und anderen Staffeln des Geschwaders.

Stromversorgungsanlage (EPP)

Das EPP besteht aus 2 SEA 150 kW / 400 Hz, einen Schaltschrank, drei schwenkbaren Kabeltrommeln mit Stromversorgungskabeln für das RS, einer schwenkbaren Kabeltrommel mit dem Stromversorgungskabel für das ECS und einer Kabeltrommel mit einer Steuerleitung ebenfalls zum ECS. Montiert ist das Ganze auf einem Palettenrahmen, welcher auf einem geländegängigen Lkw 7t mit waagerecht arretierbaren Bordwänden verlastet ist. An Maximalwerten stellt jedes SEA eine Wirkleistung von 150 kW und einen Strom von 520 A pro Phase zur Verfügung. Das reicht für die Versorgung von RS und ECS aus. Das zweite SEA bleibt in der Regel als redundantes Gerät abgeschaltet und bei Bedarf kann mittels automatischer Synchronisation und Lastübergabe unterbrechungsfrei auf das zuvor gestartete Ersatzgerät umgeschaltet werden.

Startstation (LS)

Das LS dient zum Transport, zum Ausrichten und zum Abfeuern der LFK. Das LS ist auf einem geländegängigen Lkw 15t aufgebaut und wird von einem hydraulischen Nivellierungssystem ausgerichtet. Ein sicherer Betrieb ist so auch noch an einem 10° Hang gewährleistet. In der Feuerstellung ist das LS unbemannt und wird vom ECS über VHF-Funk und/oder LWL überwacht und gesteuert. Der Strombedarf wird über das Bordeigene SEA 15 kW sichergestellt.

Lenkflugkörper (LFK) PAC 2

Die Staffel verfügt über 32 LFK auf LS und weitere 32 LFK zum Nachladen der LS. Der Lenkflugkörper ist in einem rechteckigen Aluminiumbehälter untergebracht. Der versiegelte Behälter schützt den LFK vor Witterungseinflüssen und Beschädigungen während der Lagerung oder des Transportes. Gleichzeitig dient er auch noch als Startrampe. Der Behälter wird mit dem Kran des LFK Transporters bewegt. Der Anschluss des Behälters und damit auch die Rakete an das LS erfolgt durch ein einziges Kabel.

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Richtfunkanlage (RiFuA)

Die Richtfunkanlagen sind allesamt als mobile Teilsysteme in den Fernmeldekabinen Fm II B eingerüstet und auf geländegängigen Lkw 5t verlastet. Im Geschwader gibt es zwei verschiedene RiFu Anlagen einmal Typ 1 und den Typ 2. Die wichtigste Komponente in jeder RiFuA ist die digitale Vermittlung PATRIOT (DVP), auch ist die technische Ausstattung der RiFuA identisch. Jede RiFuA kann nach einem einfachen Einbau bzw. Nach einer entsprechenden Umrüstung vom Typ 1 auf Typ 2 oder umgekehrt verwandelt werden. Die RiFuA sind mit mehren Richtfunkgeräten des Typs CTM 250 ausgerüstet. Die Stromversorgung der RiFuA erfolgt mit einem SEA 15 kW der auf einem Anhänger 1,5t verlastet ist. Das SEA ist Baugleich mit dem des LS. Angeschlossen ist die RiFuA mit Hilfe eines LWL an das ECS.

RiFuA Typ 1

Der Typ 1 ist funktional dem ECS oder dem ICC beigestellt. Die Bauteile der RiFuA wurden aus Platzgründen aus ECS/ICC ausgegliedert.

RiFuA Typ 2

Der Typ 2 wird als Relaisstation zur Verlängerung der RiFu-Strecke oder als Netzknoten verwendet.

Antennenmastanlage (AMA)

Neben der RiFuA gehört der AMA ebenfalls zu RiFu Trupp. Die AMA ist auf einem geländegängigen Lkw 7t montiert. Das Fahrzeug kann mit Hilfe eines hydraulischen Abstützsystems ausgerichtet werden, damit ist der Betrieb bis zu einem 10° Hang möglich. Die Antennenhöhe ist im Bereich zwischen 10 m und 34 m stufenlos dem Gelände und der benötigten Reichweite anpassbar. An einer AMA können bis zu 4 Antennen befestigt und betrieben werden. Die einzelnen Antennen sind von der RiFuA aus variabel in Azimut und Elevation zu positionieren. Im Betrieb ist der AMA ebenfalls unbemannt. Zum AMA gehört ebenfalls ein SEA 15 kW verlastet auf einen 1,5t Anhänger.

Stromversorgungsanlage 15 kW

Das SEA 15 kW ist das am häufigsten verwendete SEA im PATRIOT Geschwader. Es ist Bestandteil von jedem LS und verlastet auf einem einachsigen Anhänger 1,5 t gehört es zu jede RiFuA, AMA und auch zu einigen der FüWa.

Kampfführungsanlage (ICC)

Das Geschwader betreibt das ICC als zentrale rechnergesteuerte Einsatz- und Befehlsstelle. Das ICC ist im wesentlichen Baugleich mit dem ECS, aber da das ICC weder RS oder LS bedienen muss fehlen die entsprechenden Schnittstellen und Softwarepakete. Verlastet ist das ICC auf einen geländegängigen Lkw 7t. Die Fernmeldeverbindungen werden wie beim ECS mit Hilfe eines RiFu Trupps hergestellt. Zur Versorgung mit Energie verfügt die ICC über eine EPU welche auf einen Anhänger 4t verlastet ist.

Hier liegt mir leider kein Bild vor!

Stromversorgungsanlage (EPU)

Die EPU besteht aus zwei SEA 30 kW / 400 Hz und einem Schaltschrank. Ferner hat die EPU noch zwei Federkabeltrommeln für die Stromversorgungsleitung und das Steuerkabel zum ICC, wie beim EPP wird zum Betrieb nur ein SEA benötigt und das zweite dient als Redundantes Gerät. Die EPU ist auf Palettenrahmen montiert und auf einem Anhänger 4t mit waagerecht arretierbaren Bordwänden verlastet.

Hier liegt mir leider kein Bild vor!

Führungswagen (FüWa)

Die Führungswagen sind als taktisch-mobile Teilsysteme in die FM - Kabinen II B eingerüstet und bieten für das Führungs- und Funktionspersonal bis zu fünf Arbeitsplätzen. Die Führungswagen sind mit LWL an den RiFuA angeschlossen bzw. Die untergeordneten FüWa mit Feldkabel an den übergeordneten FüWa. Die FüWa nutzen in der Regel Lkw 5t mil gl A1, seltener Lkw 5t tmil gl wie den MB 1017 A. Die einzelnen FüWa verfügen ebenfalls über eigene Stromversorgungsanlagen welche auf Anhänger verlastet sind.

LFK Transporter (LFK TP)

Zu jeder Feuereinheit gehört ein geländegängiger LKW 15t LFK Transporter mit Winde und Kran und 2 geländegängige Lkw 15t LFK Transporter mit Kran. Dazu kommen noch 5 LFK Transport Anhänger 10t. Jedes dieser Transporteinheiten kann 4 Transport-, Lager- und Startbehälter aufnehmen. Jeder Lkw 10t LFK Transporter ist mit einem Heckladekran 2,5 t ausgestattet und kann damit die LFK Behälter sowohl vom / zum Anhänger als auch vom / zum LS umsetzen. Die seitlichen Bordwände des LFK Transporter sind waagerecht arretierbar, auch die Anhänger verfügen über waagerecht arretierbare Bordwände.

Weitere Unterstützungsfahrzeuge

 

Auf eine Beschreibung verzichte ich hier mal, aber die Fahrzeuge gehören auch zum Geschwader.

Betankungsfahrzeug
Fahrschulfahrzeug
Bergefahrzeug
Anhänger 4t mit 2 x SEA 12 kW
Wolf FN Vermessungstrupp

Abkürzungsverzeichnis PATRIOT

Fla

Flugabwehr

Fla-Rak

Flugabwehrrakete

LFK

Lenkflugkörper

RS

Radar Set

LS

Launching Station

ECS

Engagement Control Station

ICC

Information Coordination Central

AMA

Antennenmastanlage

EPP

Electric Power Plant

EPU

Electric Power Unit

SEA

Stromerzeugeraggregat

PAC

Patriot Advanced Capability

RiFu

Richtfunk

RiFuA

Richtfunkanlage

DVP

Digitale Vermittlung PATRIOT

FüWa

Führungswagen

WCC Weapon Control Computer
BKF Berge und Kranfahrzeug
LFK TP LFK Transporter
FN Fahrzeug Navigationsanlage